DIN EN 10020 definiert Stahl als „Werkstoff, dessen Massenanteil an Eisen ist größer als der jeden anderen Elementen, dessen Kohlenstoffgehalt im Allgemeinen kleiner als 2% ist und der andere Elemente enthält. Eine begrenzte Anzahl von Chromstählen kann mehr als 2% Kohlenstoff enthalten, aber 2% ist die übliche Grenze zwischen Stahl und Gusseisen.“

Unter Stahlgusslegierungen werden bestimmte Stahlsorten verstanden, die zur Fertigung der Werkstücke durch das Formgebungsverfahren Gießen verwendet werden.  Als technologischen Gründen können nicht alle Stähle für die Fertigung durch das Gießen verwendet werden.

Die Produktionskosten der Stahlgussteile sind deutlich höher als die der  Eisengussteile. Es führt jedoch kein Weg an Stahlguss vorbei, wenn bestimmte mechanische oder technologische Eigenschaften erreicht werden müssen, die von konventionellen Gusseisen oder Sondergusseisen nicht erfüllbar sind. Das Anwendungsspektrum für Stahlgusslegierungen ist extrem breit. Nur Stahlgusslegierungen kommen bei Niedrigsttemperaturen von -196°C (zum Beispiel Pumpengehäuse für Flüssiggas) zum Einsatz, und nur Stahlgusslegierungen kommen als Werkstoffe in Frage, wenn Brennkammer der Gasturbinen oder Hochdruckgehäuse der Dampfturbinen hergestellt werden müssen, wo das Gussteil extreme Temperaturen und Drücke standhalten soll. Stahlgussteile können sehr weich und duktil sein (Austenische Stähle), extrem fest (Martensitische Stähle) oder extrem hart (Hadfield Stähle). Dazu kommt noch die gute Schweißbarkeit der Stähle, die die Fertigung von komplexen Strukturen, die dann aus Stahlguss-, Schmiede-, und Blechteilen bestehen können.

Weltweit gibt es mehrere Hundert genormte Stahlgusssorten. Bei einer genauen Betrachtung verschiedener Normen fällt dem Gussverbraucher jedoch schnell ein, daß die Aufteilungskriterien in allen Ländern ziemlich gleich sind, und die einzelnen Werkstoffe und Normen sich nur leicht, wenn überhaupt,  unterscheiden. In Europa werden die meisten Stahlgusslegierungen in nachfolgenden DIN-Normen  genormt:

DIN EN 10293 –   Stahlguss für allgemeine Anwendungen,

DIN EN 10213 –   Stahlguss für Druckbehälter,

DIN EN 10283 –  Korrosionsbeständiger Stahlguss sowie

DIN EN 10295 –  Hitzebeständiger Stahlguss

DIN EN 10340 –  Stahlguss für das Bauwesen

DIN EN 10349 –  Austenitischer Manganstahlguss

Es sind aber nicht alle Stahlgusswerkstoffe genormt, obwohl sie bereits seit Jahren erfolgreich angewendet werden. An dieser Stelle ist die Gusslegierung GX12CrMoWVNbN10-1-1 zu nennen. Diese Legierung wird seit Jahren für die Herstellung von verschiedenen Komponenten für die Kraftwerke, wie Ventil- oder Turbinengehäuse, angewendet.

In den USA gibt es deutlich mehr verschiedene Normen für den Stahlguss, wo die Einsatzgebiete viel enger definiert sind. Neben dreizehn ASTM-Normen existieren weitere MIL-Normen und SAE-Normen. Die ASTM A 356/ A 356 M – 07 definiert zum Beispiel Werkstoffe, die für die Herstellung von dickwandigen Dampfturbinen verwendet werden. Die ASTM A389/ A389 M- 08 beschreibt Werkstoffe für Druckbehälter, die bei höheren Temperaturen arbeiten. Diese Vielfalt an Normen kann irreführend sein.

Die Eigenschaften der  Stahlgusslegierungen werden zum großen Teil durch die chemische Zusammensetzung, Wandstärke sowie durch die notwendige Wärmebehandlung eingestellt.

In Abhängigkeit von den Eigenschaften definiert  sich das Anwendungsgebiet für eine Stahlgusslegierung. Es ist klar, daß für ein Stanzwerkzeug für Herstellung von Karosserieteilen in erster Linie hohe Festigkeit und Härte bei Raumtemperatur gefordert werden. Für ein Pumpengehäuse für hochkorrosive chlorhaltige Medien ist dagegen ein hoher Korrosionswiderstand notwendig. Die Festigkeit und Härte bei Raumtemperatur sind in diesem Anwendungsfall deutlich weniger relevant. Also, für die beiden Fälle werden ganz andere Werkstoffe mit anderer chemischen Zusammensetzung verwendet.